Bereits zum zweiten Mal hatte der Deutsche Chorverband Pueri Cantores e.V. in Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis Musik in der Jugend (AMJ) e.V. zu einer Fortbildung für Leiter/-innen von Kinder- und Jugendchören eingeladen, in diesem Jahr vom 8. bis 10. Februar auf den Michaelsberg in Siegburg. Rund 80 Teilnehmende lauschten den Vorträgen von Prof. Michael Fuchs zur Schnittstelle von Medizin und Gesangspädagogik und nahmen an den Workshops „Stimme in Bewegung“ (Andrea Artmann), „Offenes Singen“ (Jan Schumacher) sowie „Die Seelische Gesundheit von Lehrenden und Lernenden stärken“ (Dr. Michael Kroll) teil.

Das altehrwürdige, ehemalige Benediktinerkloster mit bald 1000-jähriger Geschichte, das heute ein Bildungshaus der Erzdiözese Köln, das Katholisch-Soziale-Institut und eine kleine Gemeinschaft von Karmeliten beherbergt, bot eine grandiose und inspirierende Kulisse für eine Veranstaltung, bei der schon fast traditionell neben dem Weiterbildungsangebot Begegnung und Austausch der Chorleiter/innen untereinander eine besondere Rolle spielen.

Hauptreferent war der bekannte Phoniater Dr. Michael Fuchs, Professor an der Hochschule für Musik und Theater in Leipzig und Leiter der Sektion Phoniatrie und Audiologie am Universitätsklinikum Leipzig. Fuchs war in seiner Kindheit und Jugend Mitglied des Thomanerchores Leipzig. Heute ist er als Facharzt für HNO-Heilkunde, Phoniatrie und Pädaudiologie spezialisiert auf die Betreuung von Sängern und Musikern mit Hör- und Stimmstörungen. Er ist Gründer und Leiter der Leipziger Symposien zur Kinder- und Jugendstimme und Herausgeber der Schriftenreihe „Kinder- und Jugendstimme“.

In seinen beiden Vorträgen ging Fuchs auf diagnostische Möglichkeiten und den Umgang mit auffälligen Stimmen ein. Am Beispiel einer Probandin aus dem Kreis der Kollegen konnten die Teilnehmer zunächst das Erstellen eines Sprech- und Singstimmprofils mit Hilfe moderner Aufnahme- und Messtechnik erleben: Wo ist die Lage Sprechstimme, wo die der Singstimme, wie ist der Tonumfang, wo trägt die Stimme am besten? Gerne hätte so mancher Chorleiter seine Chorsänger auf diese Weise schnell einmal bei Prof. Fuchs „durchchecken“ lassen, um einen fundierten Überblick über die vorhandenen Stimmen, deren Potential und auch Defiziten und Störungen zu erhalten. Im Ergebnis einer solchen genauen Stimmanalyse kann durch Stimmbildung oder Logopädie die Stimme individuell und zielgerichtet geformt oder ggf. auch therapiert werden. Am Ende des Vortrages gab es für alle eine kleine Höraufgabe: Ausgewählte Stimmaufnahmen sollten nach der besprochenen Methode der Gesamt- Stimmklangbeurteilung „RBH-SINK“ auf Heiserkeit, Behauchtheit und Rauigkeit sowie Spannung, Instabilität, Nasalität und Klangfähigkeit untersucht und eingeordnet werden.

Ergänzt wurde das Programm des Wochenendes durch weitere Vorträge und praktisch orientierte Workshops: Sich auf der Suche nach einem homogenen Chorklang einmal in die Perspektive des Chorsängers zu begeben, war ein Ansatz im Workshop zur Stimmbildung bei der Sängerin Andrea Artmann, u. a. Stimmbildnerin bei der Limburger Dommusik.

Jan Schumacher, Universitätsmusikdirektor in Frankfurt, ehemaliger Professor an der Kirchenmusikhochschule in Rottenburg und Leiter der Camerata Musica Limburg leitete den Workshop zum Offenen Singen. Hier wurden Kenntnisse vermittelt und eingeübt, die – unabhängig von speziellen Formaten – jedem Kirchenmusiker dabei helfen werden, die Gemeinde zu engagierterem und qualifiziertem Mitsingen anzuregen oder vor dem Gottesdienst ein neues Lied einzustudieren. Der Gedanke „der Weg ist das Ziel“ kann dabei helfen, sich von den Methoden der klassischen Chorprobe freizumachen, um dem ganz eigenen Charakter des Offenen Singens besser gerecht zu werden, bei dem nicht auf eine Aufführung hin gearbeitet wird, sondern das kurzfristige und spontane Erlebnis des gemeinsamen Musizierens im Vordergrund steht.

Dr. Michael Kroll, Facharzt für Psychotherapie und Chefarzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Stadtroda, sprach in seinem Vortrag über die seelische Gesundheit von Lehrenden und Lernenden und deren Wechselbeziehung, sowie über das Erkennen und Vermeiden von Faktoren, die zu Erscheinungen wie dem verbreiteten Burnout führen können.

Im Abschlussplenum mit den rund 80 Teilnehmenden, die sowohl über den AMJ als auch über Pueri Cantores auf die Fortbildung aufmerksam geworden waren, fasste eine Chorleiterin ihre Eindrücke des Wochenendes zusammen: „Hier wurde erfahrbar, wie Musik nicht nur theoretisch besprochen und verhandelt wird, sondern Bestandteil eines gelebten Glaubens sein kann.“ Dies war für sie bereits in der freundschaftlichen, offenen und auch heiteren Atmosphäre des Wochenendes spürbar, und wurde besonders beim Morgen-, Abendlob und in der Eucharistiefeier deutlich – jeweils getragen vom kraftvollen gemeinsamen Gesang der Kolleginnen und Kollegen. Hier wurde das Ziel jeder Chorarbeit mit Kindern und Jugendlichen sicht- und hörbar: Gemeinschaft zu formen und zu bilden, die durch die Musik das Gotteslob lebendig erhält und ein weithin vernehmbares und hörenswertes Zeugnis des Glaubens zu geben vermag.

Bericht: Elisabeth Lehmann-Dronke