„Gerufen zum Wasser des Lebens“

– 21.05.2022 –  Die Pueri Cantores trafen sich in Überlingen und beteten auf dem See für den Frieden

Überlingen ist voller Lieder an diesem Wochenende: Zwischen Münster, Landungsplatz und Kurhaus hört man größere und kleinere Gruppen von Kindern und Jugendlichen aus der ganzen Erzdiözese Freiburg singen, die zum Chortreffen der Pueri Cantores in die Stadt am Bodensee gereist sind: An den roten Polohemden erkennt man die Mädchenkantorei aus Freiburg, der Kinder- und Jugendchor St. Oswald aus Buchen trägt grün, der Jugendchor Fautenbach hellblau, der Fidelischor Sigmaringen grau und der Kinder- und Jugendchor St. Trudpert aus Münstertal gelb.

550 Teilnehmer aus 18 katholischen Kinder- und Jugendchören treffen sich unter dem Leitwort „Gerufen zum Wasser des Lebens“ am 20. und 21. Mai  in der Stadt im Bodensee, um gemeinsam zu singen, zu feiern und für den Frieden zu beten. Den Auftakt macht am Freitagmittag die Begrüßung der einzelnen Chöre und das offene Singen. Bürgermeisterstellvertreter Günter Hornstein dankt den Teilnehmern dafür, dass sie „unsere schöne Stadt am Bodensee mit Liedern füllen und so Begegnung schaffen und den Glauben neu erfahren.“ Münsterpfarrer Bernd Walter fordert ermuntert die Kinder und Jugendlichen, sich auf die Suche nach ihrer Melodie zu machen und ihr eigenes Lied des Lebens zu singen: „So tragt ihr dazu bei, dass der Himmel immer mehr die Erde berührt und wir uns schon jetzt Jesus ganz nahe fühlen können.“ Für den Leiter des Freiburger Amtes für Kirchenmusik, Kirchenmusikdirektor Godehard Weithoff, ist das Chortreffen vor allem ein Zeichen der Hoffnung nach zwei Jahren Corona, in denen sich die Chöre kaum treffen konnten: „Mit dem Gesang öffnen wir unsere Herzen und freuen uns über die wiedergewonnene Gemeinschaft.“ Das anschließende offene Singen leitet Matthias Balzer aus Trier, Vizepräsident des deutschen und des internationalen Pueri Cantores Verbandes.

Gott loben und sich in Freundschaft begegnen

Pueri Cantores, übersetzbar mit „Singende Kinder“, ist ein weltweiter Verband von Kinder- und Jugendchören. Die drei Säulen der Pueri Cantores sind das Lob Gottes, die Begegnung in Freundschaft und der Einsatz für den Frieden. Der Deutsche Chorverband Pueri Cantores besteht seit 1951 und wird heute von ca. 350 katholischen Knaben-, Mädchen-, Kinder- und Jugendchören sowie Scholen mit mehr als 11.000 Sängerinnen und Sängern getragen. Seit 1980 gibt es einen Diözesanverband in der Erzdiözese Freiburg, dem aktuell 58 Chöre angehören. Der Chorverband unterstützt die musikalische und kulturelle Arbeit und fördert die gegenseitige, freundschaftliche Verbundenheit der Chöre in der ganzen Welt, vor allem durch die Veranstaltung regionaler, nationaler und internationaler Chortreffen.

Friedensgebet auf dem See

Den Höhepunkt des Treffens bildet das Friedensgebet an Bord der Fähre Euregia, die die Jugendlichen an der Schiffsanlegestelle in Überlingen aufnimmt und auf den See hinausfährt. Mit einem großen Kreuz aus gelbem und blauem Stoff in ihrer Mitte bringen sie zum Ausdruck, was viele Menschen in Europa beschäftigt. „Jetzt, wo in der Ukraine ein heftiger Krieg tobt, ist das Friedensgebet wichtiger denn je“, sagt Pfarrer Heinz Vogel aus Radolfzell, der als geistlicher Beirat die Pueri Cantores begleitet. Einige Pueri Cantores berichten, was sie gerade bewegt. So erzählt Elisabeth aus dem Münstertal von den drei ukrainischen Flüchtlingen, die seit Anfang März bei ihrer Familie wohnen und wie der Großvater aus Charkiw an Ostern hinterhergekommen ist. Anna aus Freiburg berichtet von den deutschen und französischen Wurzeln ihrer Familie und wie wichtig es ist, Ausgrenzung und Rassismus keinen Raum zu lassen.

Zwei Jahre Verspätung und trotzdem viel Vorbereitung

Organisatorin Kirchenmusikdirektorin Melanie Jäger-Waldau, Münsterkantorin in Überlingen und Diözesanpräsidentin der Pueri Cantores ist vor allem froh, dass das Chortreffen mit zwei Jahren Verspätung aufgrund von Corona jetzt doch so groß und froh gefeiert wird: „Wir haben das Treffen so konzipiert, dass es auch mit gewissen Einschränkungen und Richtlinien stattfinden kann. Jetzt sind zum Glück auch die letzten Einschränkungen gefallen. Besonders freut uns, dass wir den großen Abschlussgottesdienst ohne Masken feiern, nachdem auch diese Regelung aufgehoben wurde“.

Bei Temperaturen über 30 Grad Celsius ist auch die Versorgung und Verpflegung eine logistische Meisterleistung. 60 Helfer führen die Gruppen zu den jeweiligen Programmpunkten in der Stadt, überall werden die Kinder und Jugendlichen mit Wasser versorgt, und trotz der Hitze ist auch der Hunger sehr groß. Im Kursaal Überlingen gibt es reichlich Spätzle mit Geschnetzeltem, Fischstäbchen, Pasta und ein großes Salatbuffet, so dass alle satt werden.

Party am Seeufer

Der lange Tag klingt am Freitagabend mit einer großen Party am Seeufer aus. Die Chorleiter gurgeln Melodien um die Wette, die ihre Chöre dann erraten müssen. Auf der Bühne machen die VoiceMix aus Konstanz und der Zwibbelklubb 2.0 aus Buchen Stimmung, bis es dunkel ist, gesäumt von vielen Zuschauern rund um den Landungsplatz.

„Nehmt Gottes Melodie in euch auf“

Gänsehaut bekommen viele Gottesdienstbesucher beim feierlichen Abschlussgottesdienst im vollbesetzten Überlinger Münster St. Nikolaus, als aus hunderten Kehlen ein Halleluja von Heinrich Schütz, neue geistliche Lieder oder komplette Neukompositionen für das Diözesantreffen ertönen. Den passenden Gedanken greift Weihbischof Dr. Peter Birkhofer in seiner Predigt auf. Ignatius, der an die Gemeinde von Ephesus schreibt, vergleicht diese Gemeinde mit einem großen Chor: „Nehmt Gottes Melodie in euch auf.“ Birkhofer erinnert daran, dass man Gottes Lied nur dann hören könne, wenn man sich selbst zurücknehme, denn Gottes Lied sei leise. „Offenbar ist es so, dass die Kleinen die Melodie Gottes besser hören können als die Großen. Das Kleinsein scheint eine Voraussetzung dafür zu sein, Gottes Melodie wahrnehmen zu können.“

Weiter vergleicht er die Wassergeschichte Jesu am Brunnen und die Wüstenerfahrung des Volkes Israel mit der Lebensgeschichte und der Situation in der Corona-Pandemie: „Wir hatten Sorge, dass das Leben, der Alltag, die Gemeinschaft, das Singen ausdorrt. Deshalb sind wir so dankbar für das Wasser, das heraussprudelt und uns in Gemeinschaft leben lässt.

Weihbischof Birkhofer spricht den Krieg in der Ukraine an: „Viele fragen sich, wo dort das Liebeslied Gottes zur Schöpfung zu hören ist.“ Er erzählt vom Brief eines ukrainischen Bischofs, in dem dieser berichtet, wie die Pfarreien dort zu Sozialzentren geworden sind, in denen Notleidende und Flüchtlinge versorgt werden: „Viele Menschen sind geflohen, aber Gott ist geblieben. So wird das Liebeslied Gottes von den Menschen gesungen.“

Fazit: „Phantastisch“

Melanie Jäger-Waldau zieht ein durchweg positives Fazit: „Für die Kindern und Jugendlichen war es wichtig, sich endlich wieder einmal ungezwungen treffen zu können, miteinander zu singen und zu feiern. Und auch diese Erfahrung ist für sie wertvoll: In einer großen Gemeinschaft Gott zu loben, kann viel Spaß machen. Und es passt einfach alles: Wetter, Stimmung, Atmosphäre – es ist phantastisch.“

Bericht: Georg Auer

Alle Fotos: Pueri Cantores Freiburg / Georg Auer

Mehr Impressionen des Diözesanchortreffens finden sich unter: https://www.pueri-cantores-freiburg.de/ sowie bei facebook.

Unser großer Dank gilt dem Team vor Ort für die fantastische Organisation dieses Chortreffens!