Es war ein wundervoller Klang, der am 5. Mai den Erfurter Dom erfüllte: Rund 700 Kinder und Jugendliche sangen gemeinsam zum Lob Gottes und ließen die Mauern des altehrwürdigen gotischen Baus erbeben – mal kräftig, unterstützt von Bläsern und der großen Orgel, mal zart wie der Gesang von Engeln. Die 30 Chöre, die aus allen fünf ostdeutschen Diözesen und aus dem benachbarten Bistum Fulda angereist waren, gehören dem Chorverband Pueri Cantores („singende Kinder“) an. Seit fast 70 Jahren besteht der Deutsche Chorverband Pueri Cantores, vor zwei Jahren wurde ein eigener Regionalverband Ost gegründet, um die katholischen Kinder- und Jugendchöre in den Bistümern Erfurt, Dresden, Magdeburg und Görlitz sowie im Erzbistum Berlin wirksamer zu unterstützen. Schon zum Gründungsfest im April 2016 waren 700 junge Sängerinnen und Sänger aus Chören von Kathedralen und Pfarrkirchen in Halle zusammengekommen.
Der Tag in Erfurt begann mit der ersten gemeinsamen Probe, vor der Weihbischof Reinhard Hauke die Kinder als Dompropst und Hausherr des Domes begrüßte. Zum ersten Mal stimmten alle gemeinsam das Mottolied des Chorfestes an: „Unser Licht ist Christus“, komponiert vom Vorsitzenden des Regionalverbands Ost, dem Leipziger Propsteikantor Stephan Rommelspacher. Das musikalische Programm des Tages umfasste eine große Bandbreite liturgischer Musik, außer einer Bearbeitung eines Werkes von Johann Sebastian Bach durchweg moderne Kompositionen aus den letzten Jahren. Dazu zählten auch die Weltjugendtagshymne „Jesus Christ, you are my life“ und das rhythmische „Sanna, sannanina“ aus Südafrika, bei dem die Kinder und Jugendlichen mitklatschten oder mit ihren Notenheften winkten.
Nach der Mittagspause, während der bei strahlendstem Wetter interessante Orte in der Erfurter Altstadt erkundet werden konnten, trafen sich alle auf den Domstufen wieder. Mit einigen Liedern ließen die Chöre die Menschen auf dem Domplatz an ihrer Freude am gemeinsamen Singen teilhaben. Seit den letzten Jahren des Zweiten Weltkrieges, als die Idee der Pueri Cantores in Frankreich entstanden war, ist es ihr Anliegen, durch den gemeinsamen Gesang für Versöhnung und Einheit zu wirken und die Botschaft von Gottes Frieden für alle Menschen zu verkünden. Viele Erfurter blieben vor dem Domberg stehen und ließen sich von den frohen Kinderstimmen anrühren und begeistern.
Nach der Einladung durch Bischof Ulrich Neymeyr zur feierlichen Abschlussmesse in den Dom stiegen die Chöre singend die Stufen hinauf, den Kanon „Kommt, wir ziehen hinauf zum Berg des Herrn“ auf ihren Lippen. In seiner Predigt ermutigte der Bischof die jungen Sängerinnen und Sänger, durch die Harmonie ihres Gesangs ein Vorbild für die Einheit in ihren Gemeinden und in der Kirche, ja für die Menschheitsfamilie zu sein. Der Kinder- und Jugendchor am Erfurter Dom unter Leitung von Elisabeth Lehmann-Dronke, die in Erfurt den Tag mit der Unterstützung vieler Helfer organisiert hatte, bildete den Favoritchor, der viele Stücke an- und vorsang.
Zum Schluss wurden Einladungen zu den nächsten Chortreffen ausgesprochen, im nächsten Jahr mit allen deutschen Pueri-Cantores-Chören in Paderborn, im Mai 2020 wieder mit den ostdeutschen Chören in der Kathedrale in Dresden. Einige der anwesenden Chöre nehmen bereits im Sommer dieses Jahres mit insgesamt 4000 ihrer Sängerkollegen am Internationalen Festival der Pueri Cantores in Barcelona teil.
Marius Linnenborn